MGB-Windschutzscheibenwechsel einfach gemacht

02. April 2005

Bei normalen Autoscheiben ist ein Riss in der Frontscheibe kein Problem. Man bringt den Wagen zum Scheibendoktor und zahlt seine 150 EUR Kasko-Selbstbeteiligung, fertig. Das denkt man sich so und schnell verwirft man die Idee wieder. Zum einen kostet eine MGB-Scheibe weniger als 100 EUR und zum anderen kann vieles schief laufen, wenn ohne die nötige Liebe zum MG vorgegangen wird. Berechnet wird der Arbeitslohn sowieso meist ‚nach Aufwand’. Und der ist für absolute MG-Laien riesig. Schon oft hat man auch von später wieder auftretenden Rissen gehört, weil z.B. eine Schraube im Scheibenrahmen falsch montiert worden ist. Deshalb wird nun erläutert, wie man den Wechsel selbst und mit dem guten Gefühl, seinen MG noch besser kennen gelernt zu haben, bewerkstelligt.

Die Armaturenbrettunterverkleidung links und rechts jeweils an der hinteren Mittelkonsole werden abgeschraubt und in Fahrtrichtung aus den Klemmhalterungen an der Armaturenbrettunterkante herausgezogen

Man entfernt die Fußraumseitenverkleidung links und rechts: je 2 Schrauben an der unteren A-Säule sind zu entfernen und die Verkleidungen herauszunehmen

Diverse Anbauteile sollte man vom Rahmen abschrauben: Sonnenblenden, Innenrückspiegel, aber nicht die zentrale Spannstange

Die Armaturenbrettbefestigungen an der rechteckigen Verstärkungsstrebe unter dem Armaturenbrett sind vollständig zu lösen, links und rechts befindet sich jeweils eine Lasche.

Für eine nochmals erleichterte Zugänglichkeit der 4 Hauptschrauben des Frontscheibenrahmens empfiehlt sich die weitere Teildemontage des Armaturenbrettes: diese ist ziemlich unproblematisch und betrifft weder Elektrik noch Öldruckmesser o.ä.

Handschuhfachdeckel abbauen: eine Schraube an den beiden Scharnieren, armaturenbrettseitig

 

 

 

 

Handschuhfach ausbauen: innen links und rechts je eine Schraube, 2 Schrauben am Schließmechanismus, Einsatz herausnehmen

Den Kopf unter das Armaturenbrett halten und die 2 Muttern suchen, die auf der Beifahrerseite das Armaturenbrett oben an der Karosserie halten, diese entfernen und den äußersten rechten Bolzen mit Ziehen am Brett nach oben aus dem Loch entfernen und mit einer Mutter versehen, so dass er sich auf dem Loch abstützen kann.

Nun am besten mit einem 14er Ringratschenschlüssel die beidseitig insgesamt 4 Befestigungsbolzen der seitlichen Frontscheibenpfosten vollständig herausschrauben, für die beiden oberen Schrauben ist es von enormem Vorteil, dass das Armaturenbrett an der Unterseite lose ist und so beiseite gezogen werden kann.

Sehr gut geeignet ist ein 4er-Kombischlüssel, der eine 13er Verzahnung direkt gegenüber der 14er hat und deshalb das lästige Durchrutschen mit dem Herausdrehen der Schraube vermeidet. Zu beachten ist, dass die Kreuzschraube auf halbem Wege zwischen den dicken Bolzen nicht gelöst wird, diese halten ein Distanzstück.

Jetzt noch mit einem 7/16-Maulschlüssel den mittleren Befestigungsfuß der zentralen Spannstange von der Oberseite des Armaturenbrettes lösen, die Muttern sind in der Karosserie eingefalzt und können deshalb nicht verloren gehen.

Ohne die mittlerweile 6 entfernten Schrauben kann der Windschutzscheibenrahmen mit einem Helfer abgenommen werden. Die Befestigungslaschen der seitlichen Pfosten sind in einer Flucht mit den sichtbaren Pfosten (obere „A-Säule“). Also muss man etwas in Richtung Innenraum ziehen.

Mit der Wölbung nach unten legt man den Rahmen nun samt Scheibe auf eine weiche Unterlage und demontiert die beiden Seitenpfosten. Dazu werden oben je Seite 4 Schrauben gelöst. Davon ist die äußerste Schraube etwas länger als die inneren 3. Diese Reihenfolge darf nicht verwechselt werden, sonst kann die Scheibe später wieder reißen. Unten verbergen sich je Seite 2 sehr kurze Schrauben unter der Dichtlippe zur Karosserie. Will man diese Dichtung dranlassen, sollte man trotzdem links und rechts etwa 10 cm von dem T-Profil aus dem Scheibenrahmen lösen. Nur so kommt man einigermaßen an die sicherlich etwas angerosteten Schrauben heran.

Nachdem nun insgesamt 12 Schräubchen entfernt sind, kann man links und rechts die Pfosten vom Scheibenrahmen abziehen und dann die zentrale Spannstange demontieren.  Diese ist unten mit einem gekonterten Speichennippel versehen. Danach sind die obere und untere Schiene abnehmbar.

Nun ist die Scheibe nur noch von der umlaufenden Dichtung umgeben und kann ausgetauscht werden.

Dabei brauch man weder Dicht- noch Gleitmittel, nur sauber sollte natürlich alles sein.

Die obere und untere Schiene sollten auch nur gereinigt werden, die Seitenpfosten ebenfalls von altem Dichtmittel befreien und ggf. sparsam neues einbringen. Besser erst mal eventuell mit neuer Dichtung ‚trocken’ probeweise in umgekehrter Reihenfolge den Rahmen zusammenstecken.

Und hier liegt das eigentlich erste große Problem, wo entweder ein rings um den Rahmen verlegter Spanngurt oder 3-4 Helfer unbedingt nötig sind. Natürlich hilft jetzt auch die locker wieder eingesetzte zentrale Spannstange ein wenig.

Ist der Rahmen wieder mit 12 Schrauben gesichert und die Spannstange moderat und endgültig befestigt, geht es weiter mit der unteren Dichtlippe.

Diese in die entsprechende Rahmenschiene zu setzen unterstützt auf jeden Fall Gleitmittel aus dem Dachrinnen- oder Sanitärbereich oder einfaches Geschirrspülmittel. Am besten wieder auf der weichen Unterlage mit der Scheibenwölbung nach unten arbeiten. Dann das T-Profil etappenweise nur auf der Außenseite einhängen und auf der Innenseite mit einem breiten, stumpfen Schraubendreher Schritt für Schritt und nicht zu zaghaft hineinquetschen. Das T-Profil einzuschieben ist sicherlich mühseliger.

Nun geht es weiter in umgekehrter Ausbaureihenfolge mit den nächsten 2 großen Problemen.

Die neue untere Dichtlippe hat einen permanenten Drang in Fahrtrichtung, dem durch eine unter die Dichtung gelegte Wäscheleine o.ä. im halb auf die Karosserie gesteckten Zustand des Rahmens Einhalt geboten werden kann. Gut geht das, wenn man die zwei Enden der rings um die Rahmenbasis gelegten Leine mittig bei der Spannstange auf die Motorhaube nach außen führt. So kann man durch sukzessives Herausziehen der Leinenenden die Dichtlippe in ihre Sollposition bringen.

Die 4 großen Karosseriebolzenschrauben, die die beiden Pfosten halten, werden von einem ca. 0,7 cm starken Distanzstück in den beidseitigen Karosserietaschen unterstützt. Dieses muss auch ordentlich mit der zwischen den großen Bohrungen befindlichen Kreuzschraube gesichert sein. Ansonsten findet man die Bohrungen im Pfosten noch schwerer.

Jetzt am besten erst mal links unten die Schraube einsetzen, die Bohrung sieht man auch noch ganz gut, ebenso die Schraube rechts unten. Wieder sind 2 Helfer unabdingbar um Druck und Zug auf den Pfostenfuß und den Rahmen auszuüben und die neuen Dichtungen zu komprimieren. Nun geht es mit etwas Glück weiter mit der Schraube links oben, hier hat man fast null Chance die Bohrung zu sehen, da das Armaturenbrett ziemlich stört.

Für die Findung der letzten Bohrung rechts oben kommt einem nun das fast losgeschraubte Armaturenbrett ohne Handschuhfach zu Hilfe. Da der Rahmen schon an 3 Stellen locker verschraubt ist, findet sich die Passung der Schraube nochmals schwieriger. Mit dem Ringratschenschlüssel 13/14er lässt sich recht gut trotz beengter Platzverhältnisse während der Suche und beim Drehen Druck auf den Schraubenkopf ausüben, um das weiche Alu im Pfosten zum Freigeben der Gewindebohrung zu überreden.

Reinigen, Nachschneiden und Fetten ist sicherlich von Vorteil, aber jetzt natürlich zu spät...

Dann fehlen eigentlich nur noch die beiden mittleren Schrauben an der Spannstange und die Anbauteile des Frontscheibenrahmen und es kann wieder mit klarem Durchblick MGB gefahren werden.

(Mark Leitiger)

 

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